Kindheit in Nantes
Jean Graton wurde am 10.8.1923 in Nantes geboren und wuchs in bürgerlichen Verhältnissen auf. Sein Vater organisierte als "Kommisar des Motorradclubs Nantes" regionale Wettrennen und besuchte mit Jean und dessen Bruder oft die 24 Stunden von Le Mans (bei denen Michel Vaillant später regelmäßig am Start war). Im Alter von acht Jahren veröffentlichte Graton in der Lokalzeitung seine erste Zeichnung. Mit elf verlor er seine Mutter.
Als er 16 war, geriet sein Vater in Kriegsgefangenschaft. Graton begann sein Berufsleben als Schlosser auf einer Werft. "Ich war gezwungen, mich den Befehlen eines Vorarbeiters zu beugen und musste eine Arbeit tun, die ich verabscheute. Damals habe ich mir ein Ziel gesetzt: Ich werde im Leben das tun, wozu ich Lust habe und dafür die nötigen Risiken eingehen."
Kurz nach dem Krieg kam Jean Graton nach Brüssel. Er arbeitete als Werbe- und Industriezeichner und wurde von der Zeitschrift Sport verpflichtet.1951, an einem Freitag, dem 13., stellte er sich bei der Comic-Zeitschrift Spirou vor. Jean-Michel Charlier und Victor Hubinon (die Macher von Buck Danny) waren von dem jungen Zeichner angetan und gaben ihm eine Chance. "Ich bin durch eine gute Schule gegangen und habe erfahren, dass man ohne harte Arbeit nichts erreicht." In Spirou zeichnete Graton die populären historischen Vierseiter um Oncle Paul.

Doch bei Oncle Paul war Jean Graton nur derjenige, der die Texte seiner Szenaristen illustrierte. Er wollte jedoch sein eigener Autor sein und wechselte zu Tintin, wo man ihm die Möglichkeit gab, vierseitige Geschichten aus der Welt des Rennsports zu realisieren. 1957 bekam Jean Graton dann endlich die Gelegenheit einen eigenen Helden zu entwickeln und stellte in einer Kurzgeschichte (K1 - Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm) den jungen Rennfahrer Michel Vaillant vor.
Weitere vier Kurzgeschichten später publizierte Graton ab Ende 1957 in Tintin das erste albenlange Vaillant-Abenteuer - A1 - Die große Herausforderung. Er begann damit, als Zeichner und Szenarist in Personalunion regelmäßig fast 100 Vaillant-Seiten pro Jahr zu produzieren. Eine erstaunliche Arbeitsleistung, auch wenn er in den 60er Jahren Christian Denayer als Wagen- und Hintergrundzeichner engagierte. Bei der Ausgestaltung der Szenarios wurde Graton von seiner Frau Françine (mit der er drei Söhne hatte) unterstützt. Zusammen mit ihr realisierte er außerdem ab 1966 parallel zu Michel Vaillant neun Alben der kleinbürgerlichen Soap Opera Les Labourdet. Beide Serien reflektieren die konservative Lebenshaltung im Hause Graton.
Während der Recherchen zu Michel Vaillant freundete sich Graton mit Rennfahrern wie Jacky Ickx (unten rechts), Jean-Pierre Beltoise oder François Cevert an. Er liess sie regelmäßig in den Vaillant-Geschichten auftreten, was der Serie eine ganz eigene Authentizität zwischen Realität und Fiktion verlieh. In den späten 60er Jahren gründete der Zeichner das Studio Graton und wurde nun von mehreren Assistenten bei der Gestaltung der Vaillant-Geschichten unterstützt.
Mitte der 70er Jahre verließ Jean Graton den Tintin-Verlag Lombard, für den er zwei Jahrzehnte gearbeitet hatte. Er realisierte drei Alben bei Dargaud und wechselte dann zum deutschen Koralle-Verlag, der das ZACK-Magazin herausgab. Zwischen 1976 und 1980 produzierte das Studio Graton außerdem acht Alben der Serie Julie Wood. Die junge Motoradfahrerin war durchaus geeignet, das Interesse der jungen Vaillant-Leser am anderen Geschlecht zu wecken. In den frühen 80ern wurde Julie Wood in den Vaillant-Kosmos integriert.
Nach dem Ende der ZACK-Ära bei Koralle und einem kurzen Intermezzo bei Novedi gründete Graton einen eigenen Verlag und publizierte die Vaillant-Alben von 1982 bis 2009 unter dem Label 'Graton Éditeur'.
Seit 1993 (Album 57 - Eine Spur von Jade) werden die Szenarios zu Michel Vaillant von Jeans Sohn Philippe verfasst. Bei einer Hüftoperation Ende der 90er Jahre wurde bei Jean Graton ein Nerv beschädigt. Seine körperliche Verfassung erlaubte es ihm danach nicht mehr, die zeichnerische Tätigkeit in vollem Umfang wieder aufzunehmen. Die Vaillant-Abenteuer 65-70 wurden deshalb vom dreiköpfigen Zeichnerteam Christian Papazoglakis, Robert Paquet und Nedzad Kamenica realisiert, dem Graton als Berater zur Seite stand.
Nachdem nach einigen Jahren die verlegerische Arbeit von dem kleinen Familienunternehmen nicht mehr gestemmt werden konnte, übergab man Ende 2009 "das Heft" in die Hände von Dupuis, wo in rascher Folge alle Michel-Vaillant-Alben neu aufgelegt wurden.
In der jüngeren Vergangenheit musste Jean Graton einige Prüfungen erdulden. Im Jahr 2009 starb sein Sohn Gurval. Er wurde nur 52 Jahre alt. Nur 2 Jahre später, im Mai 2011, verschied Jeans Frau Françine, mit der er mehr als 50 Jahre verheiratet war.
Am 10.8.2013 wurde Jean Graton 90 Jahre alt. Angesprochen auf das Wohlbefinden seines Vaters, erfuhren wir in einem Interview mit Matthias Hofmann auf der Frankfurter Buchmesse 2012 von seinem jüngsten Sohn Philippe:
"Er hatte ein paar kleinere Schlaganfälle, von denen er sich gut erholt hat. Er kann nicht mehr alleine laufen, aber mental geht es ihm gut." (ALFONZ 1/2013)
"Sein Leben war ein langes Abenteuer." (ZACK #164 02/2013)
"(Es) war wie eine Straße mit vielen Schlaglöchern. Er heiratete drei Mal. Er hatte viele Probleme zu lösen. Es war nicht so schön wie in Michel Vaillant" (ALFONZ 1/2013)
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Am 21. Januar 2021 starb der große
Jean Graton 97-jährig in Brüssel
im Kreise seiner Familie.
..........Ruhe in Frieden Cher Jean !
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